Die Idee ist faszinierend: Superhelden werden um einen Teil ihrer Kräfte beraubt und in die Vergangenheit gesetzt. Marvel zeigt in der Noir-Reihe Spider-Man, die X-Men und andere Helden in düsteren Geschichten zu Zeiten von Al Capone.

Gerade sind zwei ganz besondere Superhelden-Comics erschienen, die einfach nur nach ihren Hauptfiguren benannt wurden. „Spider-Man“ und „X-Men“ sind die ersten beiden Alben der neuen Reihe Marvel Noir. Laut Wikipedia ist der Film Noir „durch eine pessimistische Weltsicht, düstere Bildgestaltung und entfremdete, verbitterte Charaktere“ gekennzeichnet. Die Macher der neuen Comics haben sich den Eintrag wohl ganz genau durchgelesen, denn selten hat man Spidey und die X-Men düsterer erlebt.

Für eine ganze Weile war es ein Trend, die Abenteuer bekannter Comic-Helden in Alternativwelten spielen zu lassen. Die Noir-Reihe setzt da noch einen drauf. „Spider-Man“ wurde von David Hine und Fabrice Sapolksy geschrieben und von Carmine Di Giandomenico gezeichnet. In der Geschichte wird der Beginn des Wandkletterers neu interpretiert. Peter Parker wird nicht von einer mit radioaktiven Strahlen verseuchten Spinne, sondern von einem Krabbler aus der Vorzeit gebissen. Doch das Resultat ist das selbe: Parker erhält Superkräfte. In der Noir-Welt haben die Bösen das Sagen, Polizei und Regierung sind korrupt. Peter Parker lernt einen Journalisten kennen und versucht, durch seine Berichterstattung und Fotos auf das Unrecht in seiner Stadt hinweisen. Dabei muss er lernen, dass nicht alles eindeutig gut oder eindeutig böse ist, und dass Superkräfte nicht immer helfen. Eine spannende und teilweise grausame Geschichte, ein Spider-Men für Erwachsene.

Auch die X-Men haben einen prächtigen Auftritt in der düsteren Noir-Welt. Der Band „X-Men“ wurde von Fred Van Lente geschrieben und von Dennis Calero gezeichnet. Die Story funktioniert von der ersten bis zur letzten Seite. Zu Beginn wird der Leser noch im Unklaren darüber gelassen, welche Rolle die X-Men spielen. Sind sie überhaupt die Guten in dieser Welt? Professor Xavier, der einstige Lehrer der düsteren Helden, wurde eingesperrt und Eric Magnus (Magneto) ist Polizeichef. Die Fähigkeiten der X-Men unterscheiden sich ganz deutlich von denen ihrer Vorbilder, Die Kräfte wurden ihrer neuen Umgebung angepasst. Und diese Reduzierung tut der Glaubwürdigkeit der Geschichte sehr gut. Es ist fast so, als lese man einen bebilderten Raymond Chandler.

Mit der neuen Noir-Reihe zeigt Marvel, dass man dem bekannten Superhelden-Universum tatsächlich ganz neue Seiten abgewinnen kann. Die ersten beiden Storys sind toll. Die Titelhelden schlagen sich sehr gut in ihrer veränderten Umwelt und hoffentlich wird es noch viele Fortsetzungen geben.

Die Helden der nächsten beiden Bände stehen auch schon fest. Im April erscheint „Wolverine“ und im Juni folgt „Daredevil“. Zwei Pflichttermine für Freunde der gepflegten Superhelden-Lektüre.

„Spider-Man“ und „X-Men“
Panini Comics / Marvel
je 14.95 Euro

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